Anspruch auf Neubewertung bei fehlerhafter Korrektur einer Klausur

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Anspruch auf Neubewertung bei fehlerhafter Korrektur einer Klausur

Rechtsanwalt

Nach einer Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalens führen
Verfahrensfehler bei der Bewertung einer fehlerfrei ermittelten
Prüfungsleistung (lediglich) zu einem Anspruch auf Neubewertung und grundsätzlich
nicht zu einem Anspruch auf Wiederholung der Prüfung. Nur Ausnahmsweise könne
ein Anspruch auf Wiederholung der Prüfungsleistung gewährt werden, wenn die
Neubewertung unmöglich ist und dies dem Prüfling nicht angelastet werden kann.

In dem der Entscheidung zugrundliegenden Fall hatte der
Korrektor die Klausur der Klägerin nur äußerst oberflächlich und nachlässig
korrigiert.

Die Klausur entbehrte daher eine hinreichenden und vor allem
nachvollziehbaren Begründung für die dürftige Note.

Unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerwG führt das
OVG aus:

„Der Prüfer hat bei
schriftlichen Prüfungsarbeiten die tragenden Erwägungen darzulegen, die zur
Bewertung der Prüfungsleistung geführt haben. Die Begründung muss so beschaffen
sein, dass der Prüfling die die Bewertung tragenden Gründe der Prüfer in den
Grundzügen nachvollziehen kann, d.h. die Kriterien erfährt, die für die
Benotung maßgeblich waren, und verstehen kann, wie die Anwendung dieser
Kriterien in wesentlichen Punkten zu dem Bewertungsergebnis geführt hat. Es
muss zwar nicht in allen Einzelheiten, aber doch in den für das Ergebnis
ausschlaggebenden Punkten erkennbar sein, welchen Sachverhalt sowie welche
allgemeinen und besonderen Bewertungsmaßstäbe der Prüfer zugrunde gelegt hat
und auf welcher wissenschaftlich-fachlichen Annahme des Prüfers die Benotung beruht.
Dies schließt nicht aus, dass die Begründung nur kurz ausfällt, vorausgesetzt,
die vorstehend dargestellten Kriterien für ein mögliches Nachvollziehen der
grundlegenden Gedankengänge der Prüfer sind erfüllt.

Die Begründung muss
zudem ihrer Zweckbestimmung gerecht werden, dem Prüfling die effektive
Wahrnehmung des zum Schutz seiner Grundrechte durch Art. 19
Abs. 4 GG
gewährleisteten Rechtsschutzes zu ermöglichen. Die
Begründung muss daher so beschaffen sein, dass das Recht des Prüflings, im
Rahmen eines verwaltungsinternen Überdenkensverfahrens Einwände gegen die
Bewertung wirksam vorzubringen, ebenso gewährleistet ist wie sein Recht auf
wirksame gerichtliche Kontrolle des Prüfungsverfahrens. Im
Verwaltungsstreitverfahren muss die Einhaltung des Bewertungsspielraums
überprüft werden können, der dem Prüfer im Bereich der prüfungsspezifischen
Wertungen verbleibt; dies kann regelmäßig nur anhand der Begründung der
Prüfungsbewertung festgestellt werden. Da das verwaltungsinterne
Überdenkensverfahren anders als das Verwaltungsstreitverfahren – gerade auch
zum Ausgleich der dort insoweit bestehenden Kontrollbeschränkungen – auch den
Bereich der prüfungsspezifischen Wertungen einschließt, dürfen auch diese –
wenn sie auch an Grenzen der Objektivierbarkeit stoßen – von der Begründung der
Prüfungsbewertung nicht gänzlich ausgespart werden. Überdies ist mit der
Begründungspflicht auch eine Garantie- und Klarstellungsfunktion für den Prüfer
verbunden, dessen Selbstkontrolle sie in besonderem Maße fördert; dies ist bei
Bestimmung von Inhalt und Umfang der gebotenen Begründung im Einzelfall
gleichfalls zu berücksichtigen.“

Diesen Maßgaben, die insbesondere bei der Bewertung als
nicht ausreichend Bedeutung erlangen, werde die Bewertung des streitgegenständlichen
indes nicht gerecht. Diese ermöglichte es weder dem Prüfling noch dem Gericht,
die sie tragenden Gründe in den Grundzügen nachzuvollziehen und zu verstehen,
wie die Anwendung dieser Kriterien in wesentlichen Punkten zu dem
Bewertungsergebnis geführt habe.

Ein Verfahrensfehler führe dann zur Aufhebung der
Prüfungsentscheidung, wenn er wesentlich und sein Einfluss auf das
Prüfungsergebnis nicht ausgeschlossen sei. Sei die Bewertung einer Aufsichtsarbeit
wegen der fehlenden Begründung fehlerhaft, so sei regelmäßig davon auszugehen,
dass sich dieser Mangel auch auf die Gesamtbewertung auswirke.

Folge des festzustellenden Fehlers ist die Aufhebung der
Prüfungsentscheidung und die Verpflichtung zur Neubewertung unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts.

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.08.2018, Az.: 6 A
179/17

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